In zwei Tagen treffen sich Bund und Länder, um über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise zu beraten. An das Impf-Versprechen der Kanzlerin glauben viele Deutsche indes nicht so recht.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat Hoffnungen auf einen langfristigen Stufenplan zur Lockerung der Corona-Eindämmungsmaßnahmen gedämpft.
„Alle wünschen sich einen Sechs-Monats-Plan, aber den kann es halt in dieser Dynamik, in dieser Pandemie nicht geben“, sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung „Anne Will“. Es gehe nur „Zug um Zug“ – und dabei stünden noch einige harte und schwere Wochen bevor.
Mehrere Ministerpräsidenten hatten sich am Wochenende mit Lockerungsszenarien zu Wort gemeldet. In den Fokus gerückt waren Forderungen, nach denen bestimmte Lockerungsschritte für bestimmte Infektionszahlen festgeschrieben werden sollen. Für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat jedoch eine schnelle Senkung der Corona-Infektionszahlen „absoluten Vorrang“ vor einer Lockerung des Lockdowns. Selbstverständlich werde auch an „Öffnungsstrategien“ gearbeitet, sagte er auf „Bild live“ mit Blick auf die Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch. Derzeit seien die „Zahlen aber noch zu hoch, um konkrete Schritte jetzt schon zu verantworten“.
Spahn sagte bei „Anne Will“: Es werde weiterhin notwendig sein, die konkreten Maßnahmen, die konkrete Strategie immer wieder anzupassen. „Ich weiß, alle haben eine Sehnsucht nach irgendetwas, das dann hält für sechs oder zwölf Monate. Aber das geht nicht. Das Virus ist zu dynamisch. Die Lage verändert sich zu sehr“, sagte Spahn.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich im ARD-„Bericht aus Berlin“ ähnlich. „Das Auf-Sicht-Fahren nervt. Aber das Auf-Sicht-Fahren ist das einzige, was wirklich hilft. Denn der Herausforderer, vor dem wir stehen, – Corona – hält sich null an Termine, die wir setzen.“
Über eine Perspektive werde aber bei den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch gesprochen, sagte Söder. Die werde es sicher geben – „ganz klar“. „Wie und wie lange und in welchem Umfang, das muss man noch diskutieren.“ Es sei wichtig, kleinere Signale zu setzen – beispielsweise bei personennahen Dienstleistungen wie Friseuren. „Aber alles vernünftig Schritt für Schritt“, so der CSU-Chef.
Spahn sagte, bevor es konkret werde mit Lockerungsschritten, solle abgewartet werden, „bis wir deutlich unter 50 bei 100.000 sind“. Am Sonntagmorgen lag die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner bei 75,6. Der bisherige Höchststand dieser Inzidenz war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden.
Ein weiteres großes Thema am Mittwoch werden wohl die Schulen und die Rückkehr in den Präsenzunterricht sein. Eine Öffnung sei nur „sehr behutsam und vorsichtig, auf keinen Fall flächendeckend in allen Regionen möglich“, sagte der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der „Welt“.
Heute stellt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) einen Leitfaden zu sicherem Schulbetrieb vor. Schulen könnten – sollten alle im Leitfaden enthaltenen Regeln streng eingehalten werden – auch in Pandemiezeiten sicher öffnen, heißt es darin. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, der die Handlungsempfehlungen vorab vorlagen. Konkret geht es um Maßnahmen wie die Gruppenaufteilung von Schülern, die Entlastung des Schülernahverkehrs durch versetzten Unterrichtsbeginn, das Tragen medizinischer Masken durch Schüler und Lehrer und das Lüften von Räumen.
In der Funke Mediengruppe forderte die Bildungsministerin eine gemeinsame Kraftanstrengung mit den Ländern, um benachteiligte Schüler in der Pandemie zu unterstützen. „Wir brauchen ein großes Programm, damit wir den Kindern und Jugendlichen helfen“, sagte Karliczek. „Es geht ja nicht nur um Wissensvermittlung, sondern ganz stark auch um Persönlichkeitsentwicklung und soziales Miteinander.“ Hierzu müssten Bund und Länder einen gemeinsamen Rahmen schaffen. „Das darf gern eine große Aktion werden – nach dem Motto: Für eine starke Jugend nach Corona.“ Sie sei mit den Ländern im Gespräch, um ein entsprechendes Programm aufzulegen.
Indes bescheinigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa Merkels Impfversprechen ein geringes Vertrauen in der Bevölkerung. Eine große Mehrheit der Deutschen glaubt demnach nicht daran, dass die Bundesregierung wie versprochen jedem Impfwilligen bis zum 21. September eine Corona-Impfung anbieten kann. So erwartet nur etwa jeder Vierte (26 Prozent), dass das Ziel eingehalten wird. 57 Prozent rechnen dagegen nicht damit. 17 Prozent machten keine Angaben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mehrfach angekündigt, bis zum 21. September allen Erwachsenen in Deutschland, die geimpft werden wollen, ein Angebot machen zu wollen. (dpa)