Am 6. November 2021 kommt es in einem Zug in der Oberpfalz in Bayern auf der Strecke zwischen Passau und Hamburg zu einer Bluttat. Nun steht der Prozess an. Das Gericht muss schwierige Fragen klären.
Knapp ein Jahr nach der blutigen Messerattacke auf Reisende in einem ICE in Bayern beginnt heute um 10.00 Uhr vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter. Die Anklage wirft dem Beschuldigten unter anderem versuchten Mord vor. Der Generalbundesanwalt hatte die Ermittlungen übernommen, weil es „gravierende Anhaltspunkte für einen islamistischen Hintergrund“ der Tat gebe.
Der Beschuldigte, laut Ermittlern ein „palästinensischer Volkszugehöriger“ und zur Tatzeit 27 Jahre alt, soll spätestens im September 2021 den Entschluss gefasst haben, durch wahllose Tötung „ungläubiger“ Nichtmuslime in Deutschland einen Beitrag zum weltweiten Dschihad zu leisten.
Am 6. November 2021 hatte der damals 27-Jährige laut Anklage in dem Fernzug von Passau nach Hamburg zwischen Regensburg und Nürnberg plötzlich vier Männer angegriffen und mehrere von ihnen schwer verletzt. Einem sitzenden Fahrgast hatte er sich etwa von hinten genähert und ihm das Messer achtmal in den Kopf-, Hals- und Brustbereich gestoßen. Nach der Tat machte der ICE einen außerplanmäßigen Stopp im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz – Polizisten durchsuchten den Zug und nahmen den Mann fest.
Konkret lautet die Anklage auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung in drei Fällen sowie in einem weiteren Fall auf gefährliche Körperverletzung. Der letzte Punkt bezieht sich auf einen Übergriff auf einen Pfleger im Krankenhaus Regensburg, wo der Mann sein Zimmer verwüstet und einen Pfleger angegriffen haben soll.
Auch wenn der Angeklagte die Tat als solche bislang nie bestritten hat, sind aus Sicht seiner Verteidigung bei dem Prozess zwei zentrale Fragen zu klären, wie Anwalt Maximilian Bär aus Nürnberg der Deutschen Presse-Agentur erklärt hatte. Dies sei zum einen die Frage, ob es sich bei dem Mann wirklich um einen Dschihadisten handelt, wie der Generalbundesanwalt es in seiner Theorie vertrete. Zum Zweiten gehe es darum zu klären, wie der psychische Zustand des Mannes zum Zeitpunkt der Tat einzuschätzen sei, sagte Bär. Dazu gebe es mehrere Gutachten, die sich jedoch inhaltlich teils massiv widersprächen.
Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat zunächst 24 Verhandlungstage bis zum 23. Dezember 2022 angesetzt. (dpa/lby)