Während die Union eine schnelle Entscheidung zum Schicksal der Atomkraftwerke fordert, kritisieren die Grünen energiepolitische Fehler in Bayern.
In der umstrittenen Frage eines möglichen Weiterbetriebs der deutschen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus macht die Union weiter Druck. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert von der Bundesregierung eine schnelle Entscheidung für eine Laufzeitverlängerung. «Statt weiter wertvolle Zeit zu vertrödeln, muss die Bundesregierung schnellstens den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke beschließen, die Brennstoffe bestellen und die zuletzt abgeschalteten Kraftwerke wieder betriebsfit machen», sagte Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur.
Grünen-Chef Omid Nouripour verwies zur Debatte über die drei verbliebenen Atomkraftwerke auf den laufenden Stresstest, dessen Ergebnisse man abwarten wolle. „Und dann entscheiden wir anhand der Fakten wie bisher“, sagte er der dpa. Er unterstrich zugleich, dass er keine Zukunft für die Atomkraft sieht. „Das Gerede über den Wiedereinstieg, über Atomkraft als angebliche Zukunftstechnologie, ist eine Märchendebatte“, sagte der Partei-Co-Vorsitzende. Er verwies auf Frankreich, wo aktuell viele Kernkraftwerke nicht in Betrieb sind, was mit Wartungen begründet wird.
Die Bundesregierung prüft derzeit in einem Stresstest mit Blick auf den kommenden Winter die Sicherheit der Stromversorgung. Auf dieser Grundlage will sie darüber entscheiden, ob die drei verbliebenen Atomkraftwerke, die eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden sollen, noch etwas länger laufen sollen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Sonntag beim Tag der offenen Tür in seinem Ministerium gesagt, das Ergebnis sei noch offen. „Es gibt keine Entscheidung in die eine oder andere Richtung.“ Der Grünen-Politiker machte zugleich deutlich, dass er in der Atomkraft auf die Dauer keine Lösung für Deutschland sieht. „Das ist nicht die günstigste Technologie und auch nicht die sicherste Technologie zur Versorgung von Europa und der Welt für die Zukunft.“
Die Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, um Gas einzusparen, sei „nicht die richtige Debatte“, argumentierte Habeck zudem: Durch längere Laufzeiten ließe sich seinen Angaben zufolge der deutsche Gasverbrauch um etwa zwei Prozent drücken, wahrscheinlich weniger. „Wir haben andere Möglichkeiten“, sagte er.
Unterdessen trat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) Kritik von Habeck an der Energiepolitik des Freistaats entgegen. Nach Habecks Einschätzung wären eventuelle Engpässe bei der Stromversorgung im Winter auch ein Ergebnis politischer Fehlentscheidungen in Bayern. Im „südostdeutschen Raum“ seien die erneuerbaren Energien nicht ausreichend ausgebaut worden, bemängelte er. Auch die Stromnetze zum Transport von Strom aus Norddeutschland seien nicht ausreichend ausgebaut worden.
Das „Märchen über die großen Stromtrassen“ stimme nicht, sagte Aiwanger der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung. „Baden-Württemberg hat sich immer für diese Leitungen stark gemacht, trotzdem werden sie auch dort voraussichtlich erst Ende des Jahrzehnts fertig, genauso wie in anderen Bundesländern.“ Er betonte: „Die Bundesnetzagentur hat 2019 errechnet, dass Bayern nur dann aus der Atomenergie aussteigen kann, wenn wir eine sichere Gasversorgung für unsere Gaskraftwerke haben. Das ist nicht der Fall.“ CSU-Generalsekretär Martin Huber kritisierte: „Habeck hat überhaupt keine Ahnung von Bayern.“
Grünen-Chef Nouripour stieß ins gleiche Horn wie sein Parteikollege Habeck: „Hätte Markus Söder konsequenter den Ausbau von Windenergie und Stromtrassen vorangetrieben, wäre die Stromversorgung in Bayern auch sicherer“, merkte er mit Blick auf den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef an. (dpa/lby)