Die Grenze zwischen Bayern und dem EU-Nachbarn Tschechien wird bald noch einmal deutlich undurchlässiger werden. Tschechien soll auf Antrag Bayerns und Sachsens zum Virusvariantengebiet erklärt werden. Dann soll es auch wieder Grenzkontrollen geben.
Wegen massiver Corona-Infektionszahlen in Tschechien und der Ausbreitung der britischen Virus-Mutation soll die Grenze zwischen Bayern und dem EU-Nachbarn undurchlässiger werden. Tschechien, bisher bereits als Hochrisikogebiet eingestuft, soll – wie etwa Großbritannien – zum Virusvariantengebiet erklärt werden, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstag.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Wir werden das wohl so entscheiden.“ Bayern und Sachsen hätten um die Neueinstufung gebeten und Grenzkontrollen beantragt. Start solle in der Nacht zum Sonntag sein. Die Maßnahmen würden den Einreisesperren aus Großbritannien entsprechen und zwischen den Regierungsressorts abgestimmt. Auch über Ausnahmen werde noch verhandelt.
Es gebe Anzeichen, dass die Bundesregierung dies mit hoher Wahrscheinlichkeit so verfüge. Dann werde Bayern die Wiedereinführung von Grenzkontrollen beantragen. Sachsen könnte auf diese Linie einschwenken, sagte Söder.
Tschechien gilt laut Bundesgesundheitsministerium ohnehin bereits als Hochinzidenzgebiet. Reisende aus Tschechien müssen deshalb bereits entsprechend der bundesweit geltenden Coronavirus-Einreiseverordnung einen negativen Corona-Test vorlegen. Die Ausweisung als Virusvariantengebiet würde die Reisemöglichkeiten noch weiter einengen.
Die stärker ansteckende Coronavirus-Variante aus Großbritannien hat nach Angaben von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einigen ostbayerischen Regionen bei Einpendlern aus Tschechien bereits die Oberhand gewonnen. Der Anteil der mutierten Variante betrage bei positiven Fällen von Pendlern aus Tschechien bereits 40 bis 70 Prozent, sagte Söder am Donnerstag nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts in München.
Es sei deswegen umso wichtiger, die Zahl der Neuinfektionen besonders deutlich nach unten zu drücken. „Wir müssen den Mutationspuffer einbauen“, sagte Söder. Ansonsten drohten schwere gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden.
Stadt und Landkreis Hof sowie der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge hatten Ende Januar angekündigt, zunächst sämtliche positiven Testergebnisse auf Mutationen zu untersuchen. Erwartungsgemäß sei dann auch die Zahl der bestätigten Mutationen gestiegen, teilte das Landratsamt Wunsiedel wenige Tage später mit.
Deswegen haben bayerische Landkreise entlang der Grenze ihrerseits bereits strenge Regeln erlassen. Pendler dürfen nur noch direkt zur Arbeit und wieder nach Hause fahren, Betriebe, die mehr als fünf Mitarbeiter aus Tschechien beschäftigen, brauchen ein eigenes Hygienekonzept und ein Testkonzept für alle Angestellten. Außerdem müssen Unternehmen die Testergebnisse kontrollieren und für mehrere Wochen aufbewahren.
In den Landkreisen Tirschenreuth, Cham und Neustadt an der Waldnaab gelten die Regeln ab Donnerstag. In Stadt und Landkreis Hof sowie im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge ab Freitag. Im Landkreis Regen waren nach Angaben des Landratsamts vorerst keine strengeren Regeln geplant.
„Wir alle wollen die Zahl der Infektionen senken und damit Lockerungen möglich machen. Dazu sind in der aktuellen Situation solche Einschnitte nötig“, betonte Peter Berek (CSU), Landrat von Wunsiedel im Fichtelgebirge. Verstöße können mit bis zu 25 000 Euro bestraft werden.
Tschechien kündigte seinerseits an, ab Freitag drei Grenzbezirke von der Außenwelt abzuschotten. Betroffen sind die Bezirke Sokolov (Falkenau) an der Grenze zu Sachsen, Cheb (Eger) an der Grenze zu Bayern und Sachsen sowie Trutnov (Trautenau) an der Grenze zu Polen in der Nähe von Sachsen. Wer dort wohne, dürfe den jeweiligen Bezirk nicht mehr verlassen, sagte Gesundheitsminister Jan Blatny am Donnerstag in Prag. Leute von außerhalb würden nicht hereingelassen. Ausnahmen gelten unter anderem für den Weg zur Arbeitsstätte.
Tschechien ist stark von der Corona-Krise betroffen. Landesweit meldeten die Behörden am Donnerstag 9446 neue Fälle. Seit Beginn der Pandemie gab es mehr als eine Million bestätigte Infektionen und 17 772 Todesfälle. Der EU-Mitgliedstaat hat rund 10,7 Millionen Einwohner.
Auch in der bayerischen Grenzregion sind die Zahlen im Vergleich zu anderen Regionen im Freistaat besonders hoch: Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete für den Landkreis Tirschenreuth am Donnerstag mehr als 333 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Es folgten die Landkreise Wunsiedel im Fichtelgebirge mit einer Inzidenz von 256,0, die Stadt Hof mit 178,9, der Landkreis Hof mit 162,4 sowie der Landkreis Regen mit 139,5.
Noch nicht erhöht sind die Werte an der südlichen bayerischen Landesgrenze zum österreichischen Bundesland Tirol, wo die südafrikanische Virusvariante grassiert. Söder übte am Donnerstag harsche Kritik an der Haltung der Tiroler Landesregierung, auch im Umgang mit Weisungen aus der Bundeshauptstadt Wien. „Dort hat man schon einmal eine Entwicklung nicht ernst genommen“, sagte er mit Blick auf den Tiroler Skiort Ischgl, der einer der Hotspots in der ersten Corona-Welle im vergangenen Winter war. (dpa/lby)