Bundesverfassungsgericht prüft Solidaritätszuschlag

Seit Jahrzehnten gibt es Streit um den Soli. Unter anderem die FDP will schon länger seine vollständige Abschaffung – und klagt in Karlsruhe. Hält der Soli einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand?

Am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe steht der Solidaritätszuschlag auf dem Prüfstand. Der Zweite Senat wolle sich mit einer Reihe verfassungsrechtlicher Fragen zur Ergänzungsabgabe befassen, sagte die Vorsitzende Richterin, Doris König, zu Beginn der mündlichen Verhandlung. Unter anderem gehe es darum, inwiefern die Deutsche Einheit weiterhin zusätzliche Finanzierung benötigt. Dabei solle auch ein Gutachten des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2020 eine wichtige Rolle spielen.

Konkret verhandelt das oberste deutsche Gericht über eine Verfassungsbeschwerde von sechs FDP-Politikerinnen und -Politikern. Sie meinen, die Erhebung des ursprünglich mit der Finanzierung der Wiedervereinigung begründeten Solidaritätszuschlags sei mit Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 verfassungswidrig geworden. Außerdem kritisieren sie, dass Bezieher unterschiedlicher Einkommen ungleich behandelt würden. Ein Urteil fällt in der Regel erst einige Monate später. (Az. 2 BvR 1505/20)

Soli für 90 Prozent der Steuerpflichtigen abgeschafft

Der Soli wird als Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge erhoben. Seit 2021 müssen nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger den Soli zahlen. Für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er im Rahmen des „Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlag 1995“ abgeschafft.

Sollte der Karlsruher Senat der Ansicht der FDP-Beschwerdeführer folgen und den Zuschlag für verfassungswidrig erklären, würde das wohl die nächste Bundesregierung vor eine weitere große Herausforderung stellen. Denn für das kommende Jahr sind Soli-Einnahmen von 12,75 Milliarden Euro fest im Haushalt verplant – die wohl wegfallen würden. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Der Senat könnte entscheiden, dass der Staat Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag der vergangenen Jahre zurückzahlen muss. Das wären dann seit 2020 um die 65 Milliarden Euro. (dpa)