Bei der Fahrradprüfung in der 4. Klasse gibt es oft böse Überraschungen: Manche Kinder können nicht Radfahren oder sind sehr unsicher. Was muss sich ändern?
In der 4. Klasse gibt es in Bayern noch immer Kinder, die nicht gut oder gar nicht Fahrrad fahren können. Dabei steht in der Jahrgangsstufe an den Grundschulen die Fahrradprüfung an. Ein neuer Radlführerschein ab diesem Schuljahr soll die Kinder nun besser darauf vorbereiten.
Bereits in der 2. und 3. Klasse sollen die Kinder nach Angaben des Kultusministeriums mit speziellen Übungen in der Turnhalle, auf dem Sportplatz oder Pausenhof Gleichgewicht, Reaktion und Konzentration trainieren, um sicherer beim Radfahren zu werden. Details zum neuen Radlführerschein wollen Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am 23. Oktober bei einem Besuch einer Münchner Schule vorstellen.
Vor allem in der Stadt sind Kinder unsicher auf dem Rad
Etwa 90 Prozent der Viertklässlerinnen und Viertklässler bestehen die Fahrradprüfung, wie die Polizeipräsidien Oberbayern Süd und Schwaben Nord berichten. Die Zahl der Kinder, die die Prüfung nicht schafften, steige aber kontinuierlich, heißt es vom Polizeipräsidium Mittelfranken. Viele Kinder in der Stadt könnten nicht oder nicht ausreichend gut Radfahren. Auch auf dem Land nehme die Zahl zu.
Die Gründe dafür sind laut den Fachleuten vielschichtig. Auffallend ist nach Angaben der Verkehrserzieher aus Mittelfranken, dass immer mehr Familien ihrem Kind das Fahrradfahren gar nicht beibringen. Die Jugendverkehrsschule in der 4. Klasse sei aber nicht dafür gedacht, dass Kinder das Fahren dort lernten. Es ginge darum, die Verkehrsregeln umsetzen zu können, um zum Beispiel auf der Straße sicher abbiegen zu können.
Zu wenig Übung zu Hause
Im Süden von Oberbayern haben die Polizei-Experten außerdem festgestellt, dass Eltern zwar mit den Kindern bis zur Einschulung übten, danach aber nicht mehr. Bei der Jugendverkehrsschule in der 4. Klasse erzählten Kinder regelmäßig, dass diese in den letzten Jahren überhaupt nicht mit dem Rad gefahren seien, erläutert das Polizeipräsidium in Rosenheim. Dementsprechend unsicher seien diese dann.
Kritisch sieht es der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) deshalb, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. «Das Elterntaxi ist eigentlich kontraproduktiv zum Radlführerschein», sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. «Verkehrstüchtig werden Kinder, wenn sie den Schulweg alleine bewältigen.»
Schule kann es nicht alleine richten
Dass mit den Motorik-Übungen in der 2. und 3. Klasse die Fahrradausbildung nach vorne verlagert werde, begrüßt Fleischmann. «Die Kinder bekommen Abzeichen nach den Übungen in Gold und Silber.» Die Schule alleine könne aber nicht für mehr Sicherheit auf dem Fahrrad sorgen. «Das ist etwas, was auch die Eltern zu Hause trainieren müssen.»
«Viele Eltern tun das bereits, aber noch viel zu wenig», findet Laura Ganswindt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Bayern e.V. (ADFC Bayern). Ein Schlüssel dafür sei mehr Sicherheit für Radfahrende im Straßenverkehr, wie Tempo 30-Zonen, für den Autoverkehr zeitweise gesperrte Schulstraßen sowie breitere und von der Fahrbahn getrennte Radwege. «Erleben Eltern den Straßenraum als sicher, werden sie sich auch eher mit ihren Kindern durch aktive Mobilität in diesem bewegen.» (dpa/lby)