Der Einsturz eines Hotels in Kröv mit zwei Toten vor einem Monat hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Noch laufen die Ermittlungen zur Ursache. Wie geht es Überlebenden heute?
Nach dem Hotel-Einsturz in Kröv lag Erika Sorm zehn Stunden unter den Trümmern, bevor sie gerettet wurde. Unverletzt. Jetzt, einen Monat später, sagt sie an ihrem Wohnort im baden-württembergischen Rheinau: „Mir geht es nach wie vor wirklich sehr, sehr gut.“ Auch ihre Hündin Queeni, die auch verschüttet war, habe nichts zurückbehalten. „Sie hat bisschen gehumpelt, aber das ist alles weg.“
Erika Sorm ist eine der sieben Überlebenden des Unglücks, das am 6. August das kleine Kröv an der Mosel erschütterte. Spätabends war ein komplettes Stockwerk des Hotels in sich zusammengebrochen. Zwei Menschen starben: eine 64-jährige Frau und der 59 Jahre alte Hotelbetreiber. Die Verschütteten waren über Stunden in den Trümmern gefangen.
Bei der 24-stündigen Rettungsaktion waren rund 250 Einsatzkräfte dabei. „Sie haben uns ein zweites Leben geschenkt“, sagt Sorm dankbar. Sie hätten gesägt, gebohrt und alles getan, um sie alle herauszuholen. Es war stockdunkel. „Auf einmal haben wir Licht gesehen und dann wussten wir, dass sie auf dem richtigen Weg waren.“
Sie habe mit der Niederländerin Edi Hoefnagel-Visser und deren zweijährigem Sohn unter einer schräg verkanteten Tür in einem Hohlraum gelegen. „Ich habe einfach gebetet. Ich habe einen sehr festen Glauben“, sagt die 71-Jährige. Das habe ihr geholfen. Die Niederländerin habe auch gebetet, der kleine Junge habe geschlafen. Auch sie beide blieben unverletzt.
Frage nach der Unglücksursache
Noch ist unklar, wie es zu dem Einsturz kam. Ein von der Staatsanwaltschaft Trier beauftragter Sachverständiger soll die Ursache herausfinden. Nach vorläufigen Schätzungen werde seine Arbeit vor Ort noch bis Ende September dauern, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen in Trier. Wann das Gutachten fertig sei, könne man nicht sagen. Es werde „aufgrund der Komplexität des Schadensereignisses“ noch dauern.
Unter Leitung des Sachverständigen laufen seit dem Unglück die Abrissarbeiten. Die oberste Etage des eingestürzten Gebäudeteils sei inzwischen komplett abgetragen, sagte ein Polizeisprecher. Wann die Arbeiten beendet werden, könne man nicht abschätzen.
Die Ermittlungen, die der Klärung der Ursache und der Frage eines etwaigen Fremdverschuldens an dem Unglück dienen sollten, dauerten an, sagte Fritzen. Die Vernehmungen von Zeugen sei noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen der Ermittlungen würden auch alle Hotelgäste und die Hotelbetreiberin vernommen.
Unklar ist auch weiter, ob Bauarbeiten, die kurz vorher an dem Gebäude stattfanden, mit dem Unglück in Zusammenhang stehen. Vor dem Einsturz des Gebäudes sei auch eine Rissbildung am Hotel aufgefallen, Fachleute waren eingeschaltet.
„Wir sollten umquartiert werden“
Erika Sorm hatte an dem Unglückstag mit zwei Freundinnen für einen Kurzurlaub in dem Hotel in Kröv eingecheckt. Am Abend sei die Hotelbesitzerin an ihrer Tür erschienen und habe gesagt: „Nehmen Sie das Nötigste mit. Sie werden umquartiert“, erzählt Sorm. Die Frau habe keine Panik verbreitet, sei ruhig gewesen. Sorm sagt, sie habe den Hund, ihre beiden Taschen genommen und sei raus in den Flur. „In dem Moment ist es zusammengebrochen.“
Zuerst habe sie an ihren Hund gedacht. Dann habe sie die Frau und das Kind neben sich bemerkt. «Wir dachten erst, es wäre ein Erdbeben», erzählt sie. Dann habe sie eine Stimme gehört: „Ich habe einen Hund hier.“ Das war der Mann der Niederländerin gewesen, der bei dem Einsturz schwer verletzt worden war.
Niederländer noch im Krankenhaus
„Es geht ihm jeden Tag ein bisschen besser“, sagt Edi Hoefnagel-Visser über ihren Mann. Seine Nieren, die schwer geschädigt wurden, hätten sich wieder erholt. Er habe aber noch starke Nervenschmerzen, könne nicht stehen und nicht laufen. Und sein linker Arm funktioniere auch noch nicht. „Es ist schlimm, meinen Mann mit so viel Schmerzen zu sehen“, sagt sie. Aber sie seien optimistisch: „Wir glauben, dass unser Gott es wieder besser macht.“ Es könne aber dauern.
Noch sei ihr Mann im Krankenhaus im niederländischen Groningen. An Kröv hätten sie keine schlechten Erinnerungen, sagt die 23-Jährige. Sie hätten eine so schöne Zeit dort mit ihrem Sohn gehabt. „Wir wollen gerne zurückgehen.“ Eines Tages, wenn ihr Mann wieder gesund sei. An den Ort des Unglücks und auch, um den Rettungskräften Danke zu sagen.
Erika Sorm fühlt sich Hoefnagel-Visser sehr verbunden. Sie hätten täglich Kontakt. „Wir haben uns bis jetzt noch nie gesehen. Wir haben uns im Dunkeln nur gehört und gefühlt.“
Andachtsbuch verloren
Belastende Gedanken hat Sorm auch nicht, wenn sie an den Einsturz zurückdenkt. Traurig sei nur, dass sie ein Andachtsbuch mit Bibelstellen, das schon ihre Mutter gehabt habe, in den Trümmern zurückgelassen habe. „Ich hatte es die ganze Zeit auf der Brust liegen gehabt und es hat mir viel Kraft gegeben“, sagt die Protestantin Sorm. Doch als dann die Rettung nahte, sollte sie nach vorn robben – da sei es ihr heruntergefallen.
Ihre beiden Freundinnen, die im zweiten Stock waren, seien direkt nach dem Einsturz über den Balkon gerettet worden. Den Kurzurlaub an der Mosel haben sie auch nach dem Ereignis fortgesetzt. Und im Oktober will Sorm mit einer der beiden Freundinnen erneut ein paar Tage nach Kröv: „Wir wollen uns dann persönlich bedanken“, sagt sie. (dpa)