In Tschechien sorgen die Atomkraftpläne der liberalkonservativen Regierung für Diskussionen. Das Kabinett hatte vor knapp einer Woche überraschend beschlossen, die laufende Ausschreibung für den Bau eines neuen Reaktors am AKW-Standort Dukovany auszuweiten. Die Bewerber sollen nun ein verbindliches Angebot für den Bau von bis zu vier neuen Blöcken unterbreiten, welche auf die beiden Standorte Dukovany und Temelin unweit der Grenze zu Bayern verteilt würden. Je Block ergebe sich aus der Sammelbestellung ein um rund 25 Prozent günstigerer Baupreis, betonte Ministerpräsident Petr Fiala.
Wie viele es letztlich werden sollen, ist indes noch völlig offen. Ursprünglich hatte die Ausschreibung den Bau von nur einem neuen Reaktor in Dukovany mit der Option auf zwei weitere vorgesehen. Kritik an der Änderung äußerte am Dienstag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der frühere Direktor des Atombetreibers CEZ, Jaroslav Mil. Mit ihrer Entscheidung verstoße die Regierung gegen das Gesetz über die Ausschreibung öffentlicher Aufträge. „Damit wird diese Ausschreibung sehr, sehr leicht (vor Gericht) angreifbar und sorgt für Verwirrung“, kritisierte Mil.
Finanzminister Zbynek Stanjura räumte im Fernsehsender CT ein, dass es sich um ein „hochriskantes Projekt“ handele, was die Finanzierung angehe. Auf die Frage, ob wirklich vier Reaktorblöcke gebaut werden sollen, sagte er: „Das bedeutet nicht, dass sie gebaut werden, aber es bedeutet auch nicht, dass sie nicht gebaut werden.“ Die Wirtschaftszeitung „Hospodarske noviny“ merkte bereits an: „Ausgerechnet der pro-nukleare Eifer der Regierung erhöht das Risiko, dass in Tschechien am Ende gar nichts errichtet wird.“
In der engeren Auswahl für den Bau der AKW-Blöcke sind nur noch die französische EDF-Gruppe und KHNP aus Südkorea – der US-Konzern Westinghouse schied aus. Eine frühere Ausschreibung für den Bau eines neuen Reaktors am Standort Temelin war 2014 ohne Ergebnis mit der Begründung abgebrochen worden, das Projekt sei unrentabel. Das aktuelle staatliche Energiekonzept sieht vor, den Anteil der Atomkraft an der Stromerzeugung bis 2040 von derzeit rund einem Drittel auf mehr als die Hälfte zu erhöhen. Tschechien verfügt über zwei AKW-Standorte: Dukovany und Temelin. Letzterer ist weniger als 60 Kilometer von den Grenzen zu Bayern und Österreich entfernt. Dukovany liegt rund 100 Kilometer nördlich von Wien. (dpa/lby)