In Untersuchungsausschüssen geht es gerne und oft hoch her. Dass es jedoch einen Antrag auf die Durchsuchung einer Parteizentrale gibt, dürfte zumindest in Bayern ein absolutes Novum sein.
Im Untersuchungsausschuss des Landtags zum Nürnberger Zukunftsmuseum wird der Ton zwischen Opposition und CSU immer rauer: SPD, Grüne und FDP haben am Montagabend die Durchsuchung der CSU-Parteizentrale in München beantragt. Die drei Fraktionen vermuten dort Unterlagen zu Parteispenden des Nürnberger Unternehmers und Vermieters der Museumsimmobilie Gerd Schmelzer. Bisher hat die CSU die Herausgabe der Akten trotz einer einstimmigen Aufforderung durch den Untersuchungsausschuss verweigert. Die Opposition verlangt nun vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht München die Beschlagnahmung.
Der Untersuchungsausschuss untersucht seit Ende vergangenen Jahres die Hintergründe zur Anmietung des Gebäudekomplexes in der Nürnberger Innenstadt für die dortige Niederlassung des Deutschen Museums. Die Opposition mutmaßt, dass dort Steuergeld verschwendet und CSU-Vetternwirtschaft betrieben worden sei. Die Staatsregierung wies dies vehement zurück. Auch der Oberste Rechnungshof hatte in einer Stellungnahme erklärt, der Mietvertrag für die Räumlichkeiten sei „vermieterfreundlich“ verfasst, die Miete tendenziell zu teuer.
„Es ist ungeheuerlich, dass die CSU die Spendenunterlagen nicht herausgeben will. Wir müssen wissen, ob Parteispenden an die CSU dafür verantwortlich sind, dass ein völlig überteuerter, vermieterfreundlicher Vertrag zulasten der Steuerzahler geschlossen wurde“, sagte Volkmar Halbleib, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der dpa in München. Die CSU behindere die Aufklärung, wo es nur gehe, um Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder vor dem Untersuchungsrecht des Landtags zu schützen. „Es hilft nichts: Wir müssen alle rechtsstaatlichen Mittel nutzen, um die CSU zur umfassenden Offenlegung der Spenden zu zwingen.“
Auch für Verena Osgyan, wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen ist der Durchsuchungsantrag alternativlos: „Dreist und frech – das ist das Gebaren der CSU im Untersuchungsausschuss bisher.“ Es sei eine „perfide Missachtung“ des Parlaments, wenn die CSU auf den Antrag zur Übermittlung von Parteispenden nur der bereits veröffentlichte und für jeden einsehbare Rechenschaftsbericht zu den Parteispenden vorlege. „Wir wollen wissen, welche Spenden geflossen sind, auch unter 10.000 Euro – und zwar lückenlos.“ Nur so lasse sich der Verdacht ausräumen, dass hinter der Anmietung des Gebäudes für das Zukunftsmuseum eine „Belohnung“ für einen „guten Deal“ stehe.
„Die Schmerzgrenze ist erreicht. Wenn Söders CSU meint, sie müsse so massiv die Aufklärung torpedieren, dann bleibt uns nur noch eine Wahl“, sagte Sebastian Körber, baupolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Wer den Ausschuss blockiere, müsse mit den Konsequenzen leben. Die CSU habe zuvor alle Möglichkeiten gehabt, sich an der Aufklärung zu beteiligen. „Und sogar Gerd Schmelzer hat öffentlich weitere Spenden an die CSU eingeräumt. Wieso sollten wir dann nicht erfahren, wie viel er gespendet und wann er gespendet hat.“
Ein Untersuchungsausschuss des Landtags kann die Herausgabe relevanter Unterlagen verlangen, auch wenn sich diese im Besitz Privater befinden. Dem parlamentarischen Gremium stehen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl das Mittel der Durchsuchung als auch der Beschlagnahme zur Verfügung. Nach Ansicht von FDP, Grünen und SPD besteht im Fall der Spendenzahlungen ein überragendes öffentliches Interesse an der Aufklärung. Im Raum stehe der Verdacht, dass ein Unternehmer sich bei einer staatlichen Beauftragung Vorteile durch Parteispenden verschafft haben könnte.
Ob es zu der Durchsuchung kommt, wird in der nächsten Sitzung des Ausschusses am 17. April beschlossen. Einfach ablehnen können CSU und Freie Wähler ihn mit ihrer Stimmmehrheit im Ausschuss aber nicht. Laut Satzung müssen Beweisanträge einer qualifizierten Minderheit, 20 Prozent der Ausschussmitglieder, beschlossen werden, außer sie werden inhaltlich für unzulässig erklärt, etwa weil sie nicht durch den Auftrag des Untersuchungsausschusses gedeckt sind.
Dies sei aber laut SPD, Grünen und FDP nicht zu befürchten: „Nach dem eindeutigen Wortlaut des Untersuchungsauftrags sollten alle Parteispenden des Unternehmers Schmelzer und seiner Unternehmen – auch unterhalb der Veröffentlichungspflichtgrenze von 10 000 Euro – ausnahmslos vorgelegt werden.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Grüne, SPD und FDP im Ausschuss mit juristischen Mitteln vorgehen. Ende Februar drohten die Fraktionen mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof, um Einsicht in Akten der Staatsregierung zur Prüfung des Projekts Zukunftsmuseum durch den Rechnungshof zu erhalten.
Brisant ist die Angelegenheit auch, weil sich damals Söder als Finanzminister persönlich in den Vergabeprozess in seiner Heimatstadt eingebracht hatte, obwohl die Zuständigkeit eigentlich beim Wissenschaftsministerium gelegen hatte. Umstritten ist auch, warum die Wahl nicht auf einen günstigeren Standort gefallen ist, welcher auch zur Auswahl gestanden hatte. Der Ausschuss muss seine Arbeit in der laufenden Wahlperiode abschließen. Auch der Unternehmer Schmelzer und Söder sollen unter anderem noch als Zeugen geladen werden. (dpa/lby)