Die Abstandsregelung für Windräder bewegt die Gemüter. Nach langem hin und her beschließt der Landtag Ausnahmen der umstrittenen Abstandsregeln. Den Kritikern geht das nicht weit genug.
Der bayerische Landtag hat wie erwartet eine Teillockerung der umstrittenen 10-H-Regelung beschlossen. Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern stimmten am Donnerstag für ihren eigenen Änderungsantrag. Die Opposition lehnte die Novelle des Baugesetzes ab. Ein Antrag der SPD zur ersatzlosen Streichung der 10-H-Regel kam erwartungsgemäß nicht auf die nötigen Stimmen.
„Wir müssen beim Ausbau der Windenergie neue Maßstäbe setzen“, sagte Bauminister Christian Bernreiter (CSU). „Unser Abstand von 1000 Meter kann die Verfahren vereinfachen.“ So halte seine Partei grundsätzlich an den Abstandsregelungen fest, wolle sie aber weiterentwickeln.
Auch Hans Friedl von den mitregierenden Freien Wählern sieht die Teillockerung als kleinen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch müssten die Belange des Naturschutzes bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden.
Nach der Änderung sollen vom 16. November an neue Windkraftanlagen mit einem einheitlichen Mindestabstand von 1000 Metern zu Wohngebäuden gebaut werden können. Zudem gebe es sechs Ausnahmen, in denen der Bau von Windrädern vereinfacht wird, wie etwa in sogenannten Vorranggebieten zur Erzeugung von Windenergie, längs von Eisenbahnstrecken, Autobahnen, in Gewerbegebieten oder im Wald. In allen anderen Fällen gelte die 10-H-Regelung jedoch weiter.
SPD, Grüne und FDP kritisierten die Teillockerung hingegen als nicht ambitioniert genug. Der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Martin Stümpfig, bemängelte, dass die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien in Bayern zurückgehe. Mit der Blockadepolitik von CSU und Freien Wählern müsse daher „Schluss sein“. Auch Albert Duin von der FDP sah die 10-H-Regelung als überflüssig an.
Kritik kommt auch vom Bundesverband für Windenergie (BWE), der den Beschluss der Regierungsparteien für halbherzig hält. «Eine Änderung war längst notwendig«, erklärte der Landesvorsitzende des BWE, Bernd Wust. „Sie kommt aber viel zu spät und bleibt weit hinter dem zurück, was möglich und angesichts der akuten Energiekrise erforderlich wäre. Ein großes Standortpotenzial bleibt ungenutzt.“
Wie wichtig der Ausbau der Windkraft in der aktuellen Energiekrise für Bayern ist, zeigt sich in den ersten offiziellen Zahlen zur Bruttostromerzeugung im Freistaat. Demnach ist der Anteil der erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Co lieferten 2021 37,4 Terawattstunden (TWh) Strom. Dies sind 1,5 TWh weniger als 2020 (38,9) und 1,3 TWh weniger als 2019. Die Zahlen des Wirtschaftsministeriums basieren auf der Energieschätzbilanz, da die finalen Werte noch nicht vorliegen. (dpa/lby)