Im Osten Bayerns müssen in der Nacht Menschen ihre Häuser verlassen. Die Folgen des Hochwassers im Süden werden immer sichtbarer. Verbände fordern stärkere Investitionen in den Katastrophenschutz.
Die Hochwasser-Lage ist in Teilen Bayerns weiter kritisch. In Regensburg, wo der Katastrophenfall ausgelöst worden war, mussten am späten Abend 200 Menschen ihre Häuser verlassen. Im oberbayerischen Landkreis Rosenheim war ebenfalls der Katastrophenfall ausgerufen worden. Auch in den Gemeinden Raubling und Rohrdorf fanden Evakuierungen statt, wie der Kreis in der Nacht auf der Plattform X mitteilte. Wie viele Menschen davon betroffen waren, war zunächst nicht bekannt.
Der Landkreis Rosenheim hatte Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. „Es besteht eine akute Gefahr für Leib und Leben“, hieß es in einer Mitteilung der Behörde. In der Nacht hatte sich die Lage dann leicht entspannt. Schulen und Kindergärten in den betroffenen Gemeinden sollen demnach heute geschlossen bleiben. In sieben bayerischen Landkreisen fällt wegen der Hochwasserlage der Präsenzunterricht an zahlreichen Schulen aus.
Folgen des Hochwassers immer stärker sichtbar
Während sich die Wetterlage in Baden-Württemberg langsam entspannt, werden die Folgen des verheerenden Hochwassers immer stärker sichtbar. Tausende Helfer sind weiter im Einsatz. Vier Todesopfer wurden bislang geborgen.
Im Bahnverkehr kommt es weiter zu Einschränkungen. Mehrere Zugverbindungen des Bahnbetreibers Agilis entfallen aufgrund des Hochwassers entlang der Donau. Das gilt unter anderem für die Strecken Ingolstadt – Donauwörth – Gundelfingen sowie Ingolstadt – Ulm, wie ein Sprecher am Montagabend mitteilte.
Der Zugverkehr der Deutschen Bahn sei aufgrund von Unwetterschäden ebenfalls stark beeinträchtigt. Wegen Überflutungen sind einige Strecken komplett gesperrt. Der Zugverkehr zwischen München und Ingolstadt jedoch werde nach aktuellen Informationen der Bahn am Dienstag wieder aufgenommen.
Städtetag: Mittel für Hochwasserschutz ausbauen
Verbände und Parteien forderten unterdessen mehr Investitionen in den Hochwasserschutz. Bund und Länder müssten „die Mittel für den Hochwasser- und Katastrophenschutz wieder deutlich ausbauen – und zwar dauerhaft und nicht ad hoc über Sonderprogramme“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er wies auf die wachsenden Ausgaben der Städte und Gemeinden für Maßnahmen wie Dammbau, Begrünung und Bewässerung hin, die durch die Erderwärmung nötig würden.
Die Präsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ mit Blick auf nötige Investitionen: „Wir liegen mit rund 400 Millionen Euro für das laufende Jahr noch ein Stück über dem Niveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, umgerechnet sind das etwa vier Euro pro Bundesbürger und Jahr, also nicht wirklich viel. Innenministerin Nancy Faeser sagt ja selbst, dass es erheblicher Investitionen bedürfe. Insofern ist die Politik in der Pflicht.“
Lob für freiwillige Helfer und gutes Zusammenspiel
Gleichzeitig lobte Lackner das Zusammenspiel von Feuerwehren, THW, Polizei und freiwilligen Helfern bei der aktuellen Unwetter-Lage. „Die Kompetenzen greifen jetzt Hand in Hand“, sagte sie.
Karl-Heinz Banse, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), lobte den Einsatz der freiwilligen Helfer. „Ohne ehrenamtliche Einsatzkräfte wären wir in Deutschland aufgeschmissen und hätten ein gewaltiges Problem“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte: „Das aktuelle Hochwasser zeigt ebenso wie das Hochwasser zur Jahreswende, von dem vor allem Niedersachsen und Sachsen-Anhalt betroffen war, dass der Katastrophenschutz in Deutschland prinzipiell gut aufgestellt ist.“ Beeindruckend sei „insbesondere die Zahl der vielfach ehrenamtlichen Helfer, die in kurzer Zeit aktiviert werden konnten.“
Gleichzeitig forderte auch er mehr Geld. „Die aktuellen Geschehnisse im Süden stehen aber auch dafür, dass sich Deutschland noch besser als bislang auf extreme Wetterereignisse vorbereiten muss. Erforderlich ist insoweit insbesondere eine bessere Finanzausstattung.“
Lemke kündigt neues Gesetz zu Hochwasserschutz an
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte bereits ein neues Gesetz zum besseren Schutz vor Hochwasser in Deutschland angekündigt. „Es wird immer deutlicher, dass wir uns gegen die Folgen der Klimakrise besser schützen müssen“, teilte die Ministerin mit. „Dafür brauchen wir auch ein neues Hochwasserschutzgesetz.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte den von den Fluten betroffenen Menschen in Süddeutschland verlässliche Unterstützung zu. „In den Hochwassergebieten steht jetzt nur eins im Vordergrund, Leib und Leben zu retten. Das ist der Imperativ der Stunde. Den Menschen in den Überschwemmungsgebieten muss aber auch beim Wiederaufbau geholfen werden“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.
Dass die Überschwemmung weiter Landstriche häufiger als in der Vergangenheit aufträte, sei eine Folge der Erderwärmung. „Zurückdrehen können wir sie nicht, aber ich glaube, dass die fürchterlichen Ereignisse dieser Tage die Debatte darüber anregen werden, wie ernst wir den Klimaschutz nehmen“, sagte Habeck. (dpa)