Sorgenvoll hat Bayerns Staatsregierung auf die kleine Allgäuer Gemeinde Schwangau geblickt. Die Bürger dort stimmen über ein Prestigeprojekt ab, die Nominierung der Ludwig-II.-Königsschlösser als Welterbe. Am Ende atmet der Kunstminister auf.
Eine erste Hürde für die Aufnahme von Schloss Neuschwanstein in das Unesco-Weltkulturerbe ist genommen. Die Einwohner von Schwangau im Allgäu stimmten am Sonntag bei einem mit Spannung erwarteten Bürgerentscheid für einen solchen Antrag. Bayerns Kunstminister Markus Blume reagierte nach der Bekanntgabe des Ergebnisses erleichtert. Er sei dankbar für die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, sagte der CSU-Politiker. „Es ist eine wichtige Entscheidung für die Region und eine gute für Bayern.“
Laut der Gemeinde unterstützten rund 56 Prozent der Wahlberechtigten das Projekt. „Wir sind froh über das Referendum“, sagte Bürgermeister Stefan Rinke (CSU). „Damit haben wir den eindeutigen Auftrag der Bevölkerung, die staatliche Initiative aktiv zu unterstützen.“
Die bayerische Staatsregierung könne nun das Welterbekomitee der Unesco überzeugen, dass die Königsschlösser von Bayerns Märchenkönig Ludwig II. (1845-1886) Denkmäler von Weltrang seien.
Das Projekt „Gebaute Träume“ steht bereits länger auf der sogenannten Tentativliste, auf der die nächsten Welterbe-Vorschläge Deutschlands gesammelt werden. Neben Neuschwanstein sollen die beiden anderen weltberühmten Schlösser von Ludwig II., Herrenchiemsee und Linderhof, sowie das weniger bekannte Königshaus am Schachen vorgeschlagen werden.
Der Welterbeantrag soll Anfang 2024 bei der Unesco in Paris eingereicht werden, mit der Entscheidung des Welterbekomitees wird im Sommer 2025 gerechnet. Hätten die Bürger das Projekt nicht unterstützt, wäre dieser Zeitplan wohl nicht mehr einzuhalten gewesen. Die Unesco verlangt die Unterstützung der Menschen vor Ort.
Die Bayerische Schlösserverwaltung warb zuvor für eine Aufnahme in die Liste. „Die Schlösser Ludwigs II. (…) gehören zu den weltweit bekanntesten Bauten Deutschlands. Sie üben auch nach 150 Jahren seit ihrer Entstehung über alle Kulturgrenzen hinweg eine ungebrochene Faszination aus“, heißt es auf deren Internetseite.
Da es in Schwangau viele kritische Stimmen gab, hatte der dortige Gemeinderat nicht selbst die offizielle Zustimmung erteilt, sondern setzte eine Abstimmung an. Manche Bürger befürchten, dass das Welterbesiegel noch mehr Besucher anlocken könnte. Mit normalerweise etwa eineinhalb Millionen Gästen pro Jahr zählt Neuschwanstein bereits zu den größten Touristenattraktionen Deutschlands. Zudem sind Einwohner skeptisch, weil sie aus Denkmalschutzgründen weitere Beschränkungen befürchten, wenn im Umfeld des Schlosses Neubauten errichtet werden sollen.
Die Unesco hat 51 Denkmäler und Naturschutzgebiete in Deutschland als Erbe der Menschheit anerkannt. Die Welterbeorte sind sehr unterschiedlich: In Augsburg etwa zählt das Wassermanagement-System und in Essen die Zeche Zollverein dazu. Weimar ist gleich zwei Mal vertreten: mit dem Erbe der Design-Schule Bauhaus und dem Ensemble „Klassisches Weimar“, zu dem etwa das Goethe Wohnhaus und die Herzogin Anna Amalia Bibliothek gehören. Weltweit gibt es 1157 Unesco-Welterbestätten in 167 Ländern. (dpa)