Kinderbetreuung in Bayern bleibt ein heißes Eisen. Die Regierung will dem Mangel an Erzieherinnen begegnen, in dem auch wenig ausgebildetes Personal nach den Kinder sieht. Von der Opposition kommt scharfe Kritik.
Bayern versucht mit innovativen Modellen und teils unter bewusstem Verzicht auf Qualität beim Bildungsangebot den Fachkräftemangel in den Kitas des Freistaates zu begegnen. In sogenannten Einstiegsgruppen, die organisatorisch an Kindergärten angeschlossen seien, könnten etwa auch nicht ausgebildete Kräfte Kinder bis vier Jahren betreuen, sagte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) am Dienstag in München.
Am Donnerstag (1. September) beginnt das neue Kindergartenjahr. „Wir machen hier Abstriche, was den Bildungsauftrag betrifft“, sagte die Ministerin. Bewährt hätten sich auch die zunächst nur als Modellprojekt ausprobierten Mini-Kitas mit maximal zwölf Kindern.
Die SPD-Politikerin Doris Rauscher, Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, kritisierte das Vorgehen. „Mit den nun geplanten Qualitätseinschränkungen wird man den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht. Das ist eher kreative Buchführung als ein Investitionsprogramm“, sagte sie. Stattdessen müsse in die Ausbildung und in bessere Bezahlung des Erziehungspersonals investiert werden.
Kritik kam auch von den Grünen. „Größere Gruppen und jahrelange Spiel- und Einstiegsgruppen ohne Fachkräfte als Reaktion auf das seit Jahren bestehende Defizit bei den Kita-Betreuungsplätzen ist eine Bankrotterklärung der Sozialministerin an den eigenen Bildungsanspruch“, sagte Johannes Becher, Sprecher für frühkindliche Bildung der Landtags-Grünen. „Viel zu lange hat die Staatsregierung lieber in einkommensunabhängige Gebührenentlastung statt in die Qualität investiert. Und das rächt sich nun.“
Scharf betonte, es bedürfe einer Aufstockung des Personals, die aber durch den Fachkräftemangel erschwert werde. „Es hilft nur eines: Wir müssen weiter ausbilden, wir müssen mehr Menschen in das System bringen“, sagte Scharf. Für die Ganztagsbetreuung in Grundschulen, für die von 2026 an ein Rechtsanspruch besteht, würden weitere
160.000 Betreuungsplätze gebraucht. „Wir fördern jeden Platz, der gebaut wird“, sagte Scharf. Die Kommunen hätten eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten, so dass die Förderfähigkeit auch schon jetzt begonnener Bauten gewährleistet sei. Es müssten für die Ganztagsbetreuung aber auch bestehende Bauten genutzt werden – etwa Grundschulhäuser, die ab 13.00 Uhr weitgehend ungenutzt seien.
Insgesamt seien die Leistungen des Freistaates für Kinder in den vergangenen Jahren deutlich nach oben gegangen, skizzierte Scharf. Für Familienleistungen habe der Freistaat 2014 noch 1,875 Milliarden Euro ausgegeben, davon 1,6 Milliarden für Kinderbetreuung. 2021 wurden 4,157 Milliarden Euro für Familienleistungen ausgegeben, davon 2,885 Milliarden für Kinderbetreuung. (dpa/lby)