In einigen Hochwassergebieten im Westen wird schon aufgeräumt, an der unteren Donau bleibt die Lage aber kritisch. Besonders groß ist die Anspannung in Regensburg – nicht nur wegen des Wasserstands.
Geräumte Häuser, aufgeweichte Deiche, gesperrte Bahnstrecken und Suche nach Vermissten – die Hochwasserlage in Bayern bleibt am Mittwoch trotz erster Entspannungssignale aus einigen Landesteilen weiter angespannt. Vor allem im Osten Bayerns entlang der Donau blieben die Pegelstände trotz erster, leichter Rückgänge auf hohem Niveau. Besonders angespannt war die Lage am frühen Nachmittag in Regensburg.
Völlig durchnässter Boden bereitet Sorgen
Dort begannen die Einsatzkräfte am Mittwoch, kontrolliert Wasser an den Schutzwänden am Donauufer vorbeifließen zu lassen. „Wir haben einen völlig durchnässten Boden“, sagte der Leiter des Regensburger Tiefbauamts, Michael Köstlinger. Aus Sorge, dass der Boden und damit die Schutzelemente in der Werftstraße plötzlich versagen könnten, lasse man einen gewissen Zufluss zu und schalte die Pumpen ab. Die Hoffnung sei mehr Stabilität für den Untergrund und damit auch für die Schutzwände durch den Wasserdruck auf beiden Seiten.
Wenn eine gewisse Wasserhöhe auf der Seite der Werftstraße erreicht sei, würden die Pumpen wieder angeschaltet, betonte Köstlinger. Von einer Flutung des Bereichs könne man daher nicht sprechen. Die Schutzelemente würden auch nicht kontrolliert geöffnet, sondern ohnehin durchdringendes Wasser an der Werftstraße werde teils nicht mehr abgepumpt. „Das ist unsere Schwachstelle“, sagte eine Sprecherin der Stadt.
Schiffsbesatzung per Hubschrauber abgesetzt
Wegen der angespannten Hochwasserlage waren laut Köstlinger in der Nacht auch zwei Schiffe in Regensburg verlegt worden. Dazu sei die Besatzung per Hubschrauber auf die beiden Schiffe geflogen worden. Ziel sei gewesen, beide Schiffe an sogenannten Dalben festzumachen, damit diese in stabiler Position gehalten werden könnten.
Am Dienstagabend hatten Bewohner in Regensburg etwa 30 Häuser räumen müssen, weil der Untergrund wegen des hohen Grundwassers immer weicher wurde. Wann sie wieder in ihre Häuser zurückkehren können, blieb am Mittwoch zunächst unklar. Weitere Evakuierungen waren am frühen Nachmittag laut Stadtverwaltung aber vorerst nicht geplant.
Hochwasser in Passau geht langsam zurück
Weiter flussabwärts im niederbayerischen Passau gingen die Pegelstände an Donau und Inn langsam zurück – allerdings ebenfalls auf hohem Niveau. Dort werde das Hochwasser im Laufe des Mittwochs noch einmal deutlich langsamer zurückgehen als am Dienstagabend, teilte der Hochwassernachrichtendienst (HND) Bayern mit. Am Hafen in Deggendorf wurden am Mittwoch vorsorglich Barrieren aus Sandsäcken aufgebaut, um größere Flutschäden zu vermeiden. Für die Bevölkerung bestehe aber keine Gefahr, teilte das Landratsamt mit.
Auch wenn sich der ungewöhnlich lange Scheitel der Hochwasserwelle langsam weiter flussabwärts verlagerte, meldeten sämtliche Messstellen entlang der Donau zwischen dem schwäbischen Donauwörth und Passau am Mittwoch weiter Pegelstände im Bereich der Meldestufe vier – der höchsten Hochwassermeldestufe. „Wir werden noch bis Freitag brauchen, um ein Stück weit Entspannung geben zu können“, sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Mittwoch beim TV-Sender Phoenix.
Bangen in Teilen Schwabens geht weiter
Im schwäbischen Landkreis Donau-Ries blieb die Hochwasserlage am Mittwoch zunächst stabil, aber weiter kritisch. Man könne trotz sinkender Wasserstände „keinesfalls Entwarnung für das gesamte Landkreisgebiet“ geben, teilte das Landratsamt mit. „Der Druck auf Deiche und Dämme ist nach wie vor enorm.“
Die Evakuierungsempfehlungen für besonders gefährdete Ortsteile wie Auchsesheim (Donauwörth) und Hamlar (Asbach-Bäumenheim) gelten deshalb vorerst weiter. „Es wird ausdrücklich davor gewarnt, die Situation vorschnell als sicher anzusehen“, teilte das Landratsamt mit. „Die Anwohner sollten insbesondere in Deichnähe wachsam bleiben.“
Suche nach vermisstem Feuerwehrmann dauert an
Unterdessen suchten Einsatzkräfte in Schwaben weiter nach Feuerwehrmann, der bei einem Hochwasser-Einsatz am Sonntag in Offingen mit seinem Boot gekentert und als vermisst gemeldet worden war. Der 22-Jährige sei bisher nicht gefunden worden, sagte ein Polizeisprecher in Kempten. Polizeikräfte sollten am Mittwoch an Land und mit Drohnen aus der Luft nach dem Vermissten suchen.
Noch habe man die Hoffnung, ihn lebend zu finden, sagte der Polizeisprecher. „Die Chancen werden aber von Tag zu Tag ein bisschen weniger.“ Hoffnung machten daher Geschichten wie die einer 32-Jährigen, die am Dienstag nach zweieinhalb Tagen im überfluteten Silberwald bei Neu-Ulm aus einer Baumkrone gerettet worden war.
Schaulustige bereiten Probleme
Trotz weiträumiger Absperrungen und eindringlichen Warnungen der Behörden machten Schaulustige den Einsatzkräften in den Hochwassergebieten zu schaffen. Die Polizei in Niederbayern teilte am Mittwoch mit, dass vor allem in der Region Kelheim zuletzt „vielfach“ Menschen in abgesperrte Gebiete gegangen seien, „um die Hochwassersituation aus nächster Nähe zu beobachten“.
Polizisten hätten mehrmals Platzverweise aussprechen müssen, um die Hochwasser-Touristen zu vertreiben. In Deggendorf war am Montagabend eine Frau in einer voll gelaufenen Fußgängerunterführung gar im Badeanzug schwimmen gegangen.
Teils abgerutschte Burgruine in Oberbayern wird gesichert
Deutlich entspannt hat sich die Lage dagegen inzwischen am Alpenrand. Die Burg Falkenstein im oberbayerischen Flintsbach, die am Montagabend durch anhaltenden Starkregen, erheblich beschädigt und teils in Richtung von Wohnhäusern abgerutscht war, soll von einer Spezialfirma mit Stahlseilen abgesichert werden. Zudem sollte ein Geologe am Mittwoch den Untergrund überprüfen.
Das Gelände dürfe aus Sicherheitsgründen vorerst weiter nicht betreten werden, teilte das Landratsamt Rosenheim am Mittwoch mit. Bis auf einen Anwohner hätten aber alle Menschen in der Umgebung inzwischen wieder in ihre Häuser zurückkehren können.
Viele Straßen und Bahnstrecken weiter gesperrt
Wegen Überschwemmungen und Unterspülungen blieben in vielen Gebieten Bayerns am Mittwoch Straßen und Bahnstrecken gesperrt. Unter anderem fuhren auf den ICE-Strecken zwischen Donauwörth und Augsburg sowie zwischen Nürnberg und Würzburg zunächst keine Züge, teilte die Bahn am Vormittag mit. Auch die stark beanspruchte Fernverkehrs-Achse zwischen Ulm und Augsburg sei nur eingeschränkt befahrbar.
Vereinzelt Gewitter mit Starkregen möglich
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) sind zwar am Mittwoch und Donnerstag Schauer und Gewitter zu erwarten – Starkregen sei aber nur am östlichen Alpenrand wahrscheinlich. Am Mittwochnachmittag und -abend seien vereinzelte Gewitter samt Starkregen mit bis zu 15 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde nicht ausgeschlossen.
Drei Todesopfer in Bayern bekannt
Insgesamt kamen bei dem Hochwasser in Süddeutschland mindestens fünf Menschen ums Leben, drei davon in Bayern. Zudem wurden laut bayerischem Innenministerium am Dienstag mehrere Menschen vermisst. Deren Zahl schwankte jedoch nahezu stündlich. (dpa)