Baerbock zu zweitem Besuch seit Umsturz in Syrien

Es ist eine ihrer letzten Auslandsreisen als Außenministerin. Und wie so oft in ihrer Amtszeit fliegt Baerbock noch einmal mit einer Militärmaschine und Schutzwesten im Gepäck in ein Krisengebiet.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist zu ihrem zweiten Syrien-Besuch seit dem Sturz des Langzeitherrschers Baschar al-Assad vor gut drei Monaten in Damaskus eingetroffen. Sie flog am Morgen mit einer Militärmaschine der Bundeswehr vom Typ A400M vom libanesischen Beirut aus in die syrische Hauptstadt.

Dort will sie Gespräche mit der islamistischen Übergangsregierung und Vertretern der Zivilgesellschaft führen. Einzelheiten ihres Programms wurden zunächst aus Sicherheitsgründen nicht bekanntgegeben. Begleitet wird Baerbock vom CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Laschet.

„Neuanfang zwischen Europa und Syrien“

Die Reise findet zwei Wochen nach einem heftigen Gewaltausbruch mit Hunderten Toten im Nordwesten des Landes statt. Schon vor ihrem Abflug aus Beirut im Nachbarland Libanon verurteilte Baerbock die „gezielte Tötung von Zivilisten“ als „schlimmes Verbrechen“. Die Vorfälle hätten „massiv Vertrauen gekostet“.

Die Grünen-Politikerin stellte den Syrern aber trotzdem anhaltende humanitäre Hilfe und eine weitere Lockerung von Sanktionen in Aussicht – aber nur unter bestimmten Bedingungen. „Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien ist möglich“, sagte die scheidende Ministerin. „Dies ist aber auch mit klaren Erwartungen verbunden, dass Freiheit, Sicherheit und Chancen in Syrien für alle Menschen gelten – für Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen.“

Im Dezember war der syrische Langzeitherrscher Assad nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Halat Tahrir al-Scham gestürzt worden. Nun wird das Land von einer islamistischen Übergangsregierung geführt, an deren Spitze Präsident Ahmed al-Scharaa steht, den Baerbock in Damaskus treffen wird.

Heftiger Gewaltausbruch Anfang des Monats

Befriedet ist das Land aber noch lange nicht. Anfang des Monats kam es in der Küstenregion im Nordwesten des Landes zu einem heftigen Gewaltausbruch. Bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung griffen Sicherheitskräfte an, worauf die Übergangsregierung mit einer großen Militäroperation reagierte. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen rund 1.500 Menschen getötet worden sein, ein Großteil davon Zivilisten.

Die Übergangsregierung sah hinter dem Gewaltausbruch einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen. Ziel der Militäraktion sollen überwiegend Aleviten gewesen sein, eine Glaubensgemeinschaft, der auch Assad angehört. Die Beobachtungsstelle sprach von regelrechten „Massakern“.

Baerbock fordert Kampf gegen Terrorismus

Baerbock forderte die Übergangsregierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Gleichzeitig forderte sie die Aufarbeitung der Assad-Verbrechen. „Das Land zu befrieden, Keimzellen von Extremismus und Terrorismus weiter zu bekämpfen, den politischen Übergang entschieden voranzutreiben und den Menschen rasch wirtschaftliche Perspektiven zu bieten – das ist die Mammutaufgabe, vor der die syrische Übergangsregierung unter Ahmed al-Scharaa steht“, sagte sie. (dpa)