Abmahnung zu Google Fonts? So handeln Sie richtig

© Symbolfoto: Tim Reckmann / pixelio.de
 

In ganz Deutschland trudeln gerade die Abmahnungen ein. Der Grund: Im Januar hatte sich das Landgericht München I mit einer Datenschutzverletzung durch Google Fonts befasst. In diesem Fall wurde die IP-Adresse eines Webseiten-Besuchers automatisch zum US-Unternehmen übermittelt. Dadurch wurde das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Besuchers verletzt, so die Entscheidung des Gerichts. Der Webseitenbetreiber wurde zu 100 € Schadensersatz verurteilt. Seitdem kommt es immer häufiger zu Abmahnungen zu diesem Thema. Auch viele Oberpfälzer Firmen sind betroffen. Sven Kröber, Fachanwalt für IT-Recht, aus Weiden hat uns hier den Fall vorgestellt und gibt Lösungsmöglichkeiten.

Soweit den Betreiber einer Website eine solche Abmahnung erreicht, gilt es folgende Überlegungen anzustellen:

1. Schritt eins: Liegt ein Verstoß vor?

Zunächst ist zu prüfen, ob der vom Abmahnenden monierte Verstoß überhaupt vorliegt. So wird vom Abmahnenden immer behauptet, dass Google Fonts (also von Google zur Verfügung gestellte Schriftarten) „remote“ auf der Website eingebunden ist und damit beim Nachladen der Schriftart von einem Google-Server diesem personenbezogene Daten, wie die IP-Adresse des Besuchers der Website, übermittelt werden, und zwar ohne dessen explizite Einwilligung. Falls Google Fonts also tatsächlich „remote“ eingebunden war und der Abmahner die Seite persönlich besucht haben sollte und vorab keine Einwilligung in die Datenübertragung erteilt hätte, läge der Verstoß grundsätzlich vor.

Bei der hohen Anzahl angeblicher Verstöße und hierauf versandter Abmahnungen muss unterstellte werden, dass ein technisches Hilfsmittel, wie ein Webcrawler, eingesetzt wurde. Dieser hat vermutlich die remote Einbindung von Google Fonts dokumentiert. Damit hätte der Abmahner die jeweilige Website aber nie persönlich besucht. Daher konnten dessen Rechte auch nicht verletzt werden, weshalb schon kein Verstoß gegeben wäre. Selbst wenn der Abmahner trotzdem persönlich die Website besuchte hätte, müsste wohl ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Abmahners angenommen werden, da dieser die Website nur besucht hätte, um den später gerügten Verstoß zu produzieren. Auch aus diesem Grund könnten die geltend gemachten Ansprüche zurückgewiesen werden. So jedenfalls auch ein von Herrn Kröber vertretener Argumentationsansatz. Wie ggf. die Gerichte in diesen konkreten Fällen entscheiden, muss jedoch abgewartet werden.

2. Schritt zwei: Konsequenzen aus dem Verstoß?

Wenn ein Verstoß tatsächlich eingeräumt werden muss, stellt sich nun die Frage, welche Konsequenzen sich hieraus überhaupt ergeben. Bei einem Verstoß stehen dem verletzten Abmahner grundsätzlich Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz gegenüber dem Websitebetreiber zu. Es ist also darauf zu achten, was der Abmahner nun im Konkreten an Ansprüchen geltend macht. Einzig und allein mit diesen muss sich der Abgemahnte auseinandersetzen.

a) Unterlassung
Soweit der Abmahnende einen Unterlassungsanspruch geltend macht, besteht dieser Anspruch nur, wenn tatsächlich ein Verstoß gegeben war oder kein Rechtsmissbrauch vorliegt. Soweit ein berechtigter Unterlassungsanspruch vorliegt, wäre gegenüber dem Abmahner strafbewehrt zu erklären, dass das beanstandete Verhalten künftig vermieden wird.

b) Auskunft
Der Auskunftsanspruch ergibt sich nicht allein aus einer etwaigen Rechtsverletzung, sondern steht nach § 15 DSGVO jeder betroffenen Person, also jedem Besucher einer Website zu. Der Inhalt dessen, was im Rahmen der Auskunft an Informationen überlassen werden muss, ergibt sich direkt aus Art. 15 DSGVO. Soweit ein Auskunftsantrag aber offenkundig unbegründet ist, kann die Auskunft verweigert werden. Wenn unterstellt werden kann, dass der Abmahnende die Website nie persönlich aufgerufen hat, wäre aber auch der Auskunftsantrag offenkundig unbegründet. Dann ist die Auskunft zu verweigern und der Antrag zurückzuweisen, also eine Negativauskunft zu erteilen.

c) Schadenersatz
Bislang existieren kaum Entscheidungen zur Höhe von Schadenersatzansprüchen nach der DSGVO. Die Abmahner führen hier als einziges einschlägiges Urteil allein das vom LG München vom 20.01.2022 an. In diesem sehr kurz gehaltenen Urteil wurden bei mehrfacher Übermittlung der IP-Adresse an Google einem Website-Besucher 100,-€ als immaterieller Schadenersatz zugesprochen, nachdem in diesem Fall die Höhe des Schadensersatzanspruchs aber auch vom Abgemahnten nie bestritten wurde. Es bleibt jedoch völlig offen, wie weitere Gerichte mit einem Schadenersatzanspruch und dessen Höhe umgehen werden.

3. Reaktionsmöglichkeiten

a) Nicht-reagieren
Falls sich der Abgemahnte dazu entscheidet, nichts zu unternehmen, besteht das Risiko mit einem Gerichtsverfahren konfrontiert zu werden. Wie hoch dieses Risiko ist, lässt sich aufgrund der sehr hohen Anzahl an Abmahnungen und den auch für den Abmahner bestehenden Prozesskostenrisiken schlecht einschätzten. Sollte ein Gericht für ein solches Verfahren über das Bestehen eines Unterlassungs-/Auskunfts- und Schadenersatzanspruchs beispielsweise einen Streitwert von 2.000, -€ annehmen, müsste der Unterlegene des Rechtsstreits fast 1.500, -€ Prozesskosten tragen.

b) Forderung bezahlen
Sollte sich der Abgemahnte dazu entschließen, die geforderten Gelder zu bezahlen, hängt es davon ab, ob in der Abmahnung angeboten worden war, dass damit alles abgegolten und erledigt sein soll. Nur wenn dies der Fall war, ist sicher, dass nichts „nachkommt“.

c) Kontaktaufnahme mit gegnerischem Anwalt
Auch bei einer direkten Kontaktaufnahme mit dem gegnerischen Anwalt bleibt weiter offen, ob der Vorgang so endgültig erledigt werden kann. Auch hier stellt sich die Frage, ob mit einer Einigung alle Ansprüche des Abmahners richtig erledigt / abgegolten werden.

d) Negative Feststellungsklage
Sollte der Abgemahnte eine unberechtigte Abmahnung nicht im Raum stehen lassen wollen, besteht für ihn die Möglichkeit, eine negative Feststellungsklage zu erheben. Das Ziel wäre es, ein Urteil zu bekommen, in dem festgestellt wird, dass dem Abmahner nicht die von ihm geltend gemachten Ansprüche zustehen. Das Prozesskostenrisiko ist identisch mit dem einer vom Abmahner angestoßenen Klage.

e) Eigenen Anwalt einschalten
Soweit der Abgemahnte einen Anwalt einschaltet, entstehen Kosten, die ggf. höher liegen als die von dem Abmahner geforderten Gelder. Der Anwalt kann jedoch sicherstellen, dass der Abgemahnte individuell beraten und für die Abmahnung eine maßgeschneiderte Lösung gefunden wird.

Rechtsanwalt Sven Kröber

Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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Sven Kröber