In sehr selten Fällen erkranken Menschen nach einer Impfung gegen das Coronavirus schwer und dauerhaft. Anerkennung und damit Geld erhoffen sich Betroffene unter anderem vom Freistaat. Die Beweisführung ist mitunter schwierig.
Rund drei Jahre nach Impfstart gegen das Coronavirus ist ein dauerhafter impfbedingter Gesundheitsschaden bisher bei 125 Menschen in Bayern anerkannt worden. Zudem sind 151 Klageverfahren vor den Sozialgerichten gegen den Freistaat Bayern anhängig, mit denen sich Betroffene gegen einen abgelehnten Bescheid wehren. Das hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) in Bayreuth mit Stand vom 20. Dezember 2023 zusammengetragen.
In den Verfahren vor den Sozialkammern geht es um staatliche Versorgungsleistungen. Dort seien 12 Klagen zurückgenommen worden, in 5 Fällen seien Klagen vom Gericht abgewiesen worden.
Zugleich gibt es zahlreiche Zivilklagen an bayerischen Gerichten auf Schadenersatz und Schmerzensgeld – Klagegegner ist hier jeweils der Hersteller eines Corona-Impfstoffs. Über eine rechtskräftige Entscheidung einer Zivilkammer ist bisher öffentlich nichts bekannt.
Seit Start der Impfkampagne wurden im Freistaat nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) knapp 29,5 Millionen Impfdosen gegen Covid-19 verabreicht.
Was ist ein Impfschaden?
Für die Sicherheit von Impfstoffen ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zuständig. Laut diesem sind in der EU mehrere Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen. Die Wirksamkeit dieser Stoffe ist wissenschaftlich erwiesen. Ebenso ist bekannt: Häufig gibt es vorübergehende Reaktionen wie den „Impfarm“ oder Kopfschmerzen, äußerst selten hingegen schwerwiegende Nebenwirkungen.
Als Impfkomplikation sieht das Paul-Ehrlich-Institut eine nach der Impfung auftretende unerwünschte Reaktion, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung stehen könnte und über eine reine Impfreaktion hinausgeht. Ein Impfschaden ist im engeren Sinne die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge dieser Komplikation.
Laut PEI sind folgende schwerwiegende Impfkomplikationen nach einer Corona-Impfung bekannt: die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis, die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, eine Gesichtslähmung, eine Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom und der Hörschaden Tinnitus. Sie alle sind den PEI-Daten zufolge selten (ein Fall pro 1000 bis 10.000 Impfungen) oder sehr selten (weniger als ein Fall pro 10.000 Impfungen).
„Die anerkannten Schädigungsfolgen sind überwiegend im neurologischen und internistischen Bereich zu verorten“, sagte ZBFS-Sprecher Benjamin Vrban. Die Schädigung müsse dauerhaft, also mindestens sechs Monate vorliegen. Normale Reaktionen des Körpers auf eine Impfung wie etwa Schmerzen an der Einstichstelle, Hautrötung oder Abgeschlagenheit seien keine Dauerschäden. „Erlebt jemand nach einer Impfung eine solche Nebenwirkung, so löst dies keinen Entschädigungsanspruch aus und sollte nicht bei uns gemeldet werden.“
Tausende Anträge auf Anerkennung
Beim ZBFS sind in den vergangenen drei Jahren bisher 2572 Anträge auf Anerkennung eines coronabedingten Impfschadens eingegangen. Davon seien 1750 bereits bearbeitet worden. Neben den 125 Anerkennungen habe es 1564 Ablehnungen und 61 Rücknahmen gegeben.
Knackpunkt der Anerkennung ist die Frage, ob der Schaden wirklich ursächlich auf die Impfung zurückgeführt werden kann. Anträge auf Entschädigung werden etwa abgelehnt, wenn die gesundheitliche Störung nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann – also wenn mehr dagegen als dafür spricht. Es kann sein, dass ein rein zufälliger zeitlicher Zusammenhang zwischen einer Impfung und dem Auftreten einer gesundheitlichen Störung besteht, ohne dass es eine echte Ursache-Wirkung-Beziehung gibt.
Kommt es zu einer dauerhaften Schädigung der Gesundheit, steht den Betroffenen Entschädigung zu – je nach Schweregrad kann das eine Grundrente von 164 bis 854 Euro monatlich sein. Zusatzleistungen sind Vrban zufolge möglich, abhängig von den Impfschäden und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen. Dazu könnten Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung wie Logopädie und eine Versorgung mit Hilfsmitteln wie einem Spezialbett kommen. (dpa/lby)